Seminarbericht

Schwarze Löcher sind eine der hervorragendsten Vorhersagen der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie. Man kann sie nicht sehen, nicht anfassen und nicht riechen. Man kann auch nicht beobachten, wie ein Objekt durch den Horizont in ein Schwarzes Loch fällt, sondern lediglich, wie seine immense Anziehungskraft die Bewegung von Objekten in seiner Nähe beeinflusst.

Die Erforschung Schwarzer Löcher erfuhr im letzten Jahr nochmals verstärkte Aufmerksamkeit, als mit der Entdeckung von Gravitationswellen ein weiteres starkes Indiz für deren Existenz gefunden wurde. Zuvor war es bereits gelungen, indirekt auf die Existenz von Schwarzen Löchern schließen: durch die Beobachtung der Bewegung von Sternen um Sagittarius A*, dem Zentrum unserer Milchstraße, durch die Messung von hochenergetischer Strahlung aus Akkretionsscheiben um aktive galaktische Kerne sowie von hochenergetischen Jets aus der Umgebung von Schwarzen Löchern. Darüber hinaus versprechen Beobachtungen mit dem Event Horizon Teleskop in Kürze weitere Erkenntnisse. Dennoch bleibt die Frage offen, wie eindeutig diese Beobachtungen zu interpretieren sind und wie die Wissenschaft mit der Tatsache umgeht, dass sich Schwarze Löcher nicht direkt beobachten lassen.

Diesen Fragen widmete sich vom 24. bis 28. April das 641. WE-Heraeus-Seminar, bei dem sehr renommierte internationale Fachleute aus Astronomie, Physik, Mathematik sowie der Wissenschaftsphilosophie den Status der Beobachtungen darstellten und die klassische Theorie Schwarzer Löcher, ihre Stabilität und den Kollaps von Sternen diskutierten. Auch Quantenaspekte Schwarzer Löcher, z.B. im Rahmen von Quantengravitation, wurden behandelt. Dabei wurde insgesamt klar, dass neben der großen Frage nach der Quantengravitation weitere bedeutsame Probleme nicht gelöst sind: die allgemeine Gültigkeit der kosmischen Zensur, der Kollaps zu einem Schwarzen Loch sowie die Physik von Quantenfeldern in den klassischen Gravitationsfeldern Schwarzer Löcher. Schließlich kam auch die Wissenschaftstheorie mit einschlägigen Beiträgen zu Wort, die begriffliche Grundlagen der Thermodynamik Schwarzer Löcher thematisierten und sich mit den Bedingungen beschäftigten, unter denen irdische Beobachtungen Aussagen über die Eigenschaften und die Existenz ferner kosmischer Objekte ermöglichen. Abgerundet wurde die Thematik durch geschichtliche Bewertungen.

Dieses Seminar hat mit seiner interdisziplinären Ausrichtung sehr großen Anklang gefunden, was sich in der Anzahl der Teilnehmenden und den intensiven Diskussionen niederschlug, die quer über alle Fächer die Kaffeepausen beherrschten und bis tief in die Nacht dauerten.

Priv.-Doz. Dr. Silke Britzen, MPIfR Bonn

Prof. Dr. Claus Lämmerzahl, Prof. Dr. Manfred Stöckler, U Bremen