Seminarbericht

Die Energiewende in Deutschland schreitet weiter voran, auch wenn dieses Thema nicht mehr so präsent ist wie noch vor ein paar Jahren. Am Neujahrsmorgen 2018 übertraf die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen die Nachfrage deutlich – nur 10 Tage später waren jedoch mehr als 55 GW konventionelle Kraftwerke am Netz. Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sanken aber zuletzt nicht mehr, weil die Reduktionen im Energiesektor durch erhöhte Emissionen im Verkehrssektor zunichte gemacht wurden. Diese Beispiele zeigen, dass das Zusammenspiel vieler Technologien und verschiedener Sektoren der Schlüssel für eine nachhaltige Energiewende ist. Das Energiesystem der Zukunft wird hochdynamisch und stark vernetzt sein.

Das 661. WE-Heraeus-Seminar brachte Experten und Studierende aus Physik, Mathematik und Ingenieurwesen zusammen, um die Herausforderungen der Dynamik, Kontrolle und Optimierung vernetzter Energiesysteme zu diskutieren. Jeweils zehn eingeladene Vorträge und zehn Vorträge junger Teilnehmer sowie eine ausführliche Poster-Sitzung befassten sich mit Problemen an der Schnittstelle der Disziplinen.

Die (dynamische) Stabilität des Stromnetzes bildete den ersten Schwerpunkt des Workshops. Große Synchrongeneratoren finden selbst-organisiert in einen stabilen Zustand, während aktuell verbaute Inverter nur dem Netz folgen können. Die nichtlineare Dynamik des Netzes verändert sich also grundlegend, und neue Konzepte sind notwendig, um Stabilität garantieren zu können. In diesem Kontext finden Methoden der statistischen Physik Anwendung in der Analyse der Fluktuationen erneuerbarer Quellen – insbesondere der Windenergieerzeugung.

Auf der Zeitskala von Stunden bis Tagen muss der Einsatz von Speichern und Kraftwerken optimiert und geplant werden; und auf der Zeitskala von Jahren gilt es, neue Infrastrukturen auszulegen. Mehrere Vorträge und Poster stellten neue numerische Verfahren für diese komplexen Optimierungsprobleme sowie ausgewählte Anwendungen vor. Diese Fachvorträge wurden abgerundet durch vier Beiträge von Teilnehmern aus der Industrie und dem Netzbetrieb.

Im Namen aller Teilnehmer danken wir der WE-Heraus-Stiftung für die großzügige finanzielle und organisatorische Unterstützung und dem Physikzentrum Bad Honnef für die Gastfreundschaft.

Dr. Timm Faulwasser, Prof. Dr. Joachim Knebel, KIT
Dr. Martin Robinius, Jun.-Prof. Dr. Dirk Witthaut, FZ Jülich