Seminarbericht

Ein Betrunkener kann zufällig torkeln und dennoch bestimmte Probleme lösen: zum Beispiel kann er einen markierten Laternenpfahl finden – indem er einfach gegen ihn läuft. Wenn der Trunkenbold noch dazu statt den Gesetzen der klassischen Physik der Quantenmechanik folgt, gelingt dies – manchmal – noch viel schneller. In beiden Fällen ist das Problem charakterisiert durch die sog. erste Trefferzeit (je nach Kontext auch Erkennungszeit oder Adsorptionszeit genannt). Dies ermöglicht es, die Leistung verschiedener Zufallssuchalgorithmen zu quantifizieren und den effizientesten unter ihnen auszuwählen.

Der Grundgedanke dieses Seminars, das vom 28. Mai bis 1. Juni in Bad Honnef stattfand, war es, die klassische und die quantenmechanische community zusammenzubringen, die an dem Problem der ersten Trefferzeit arbeiten, um den Austausch von Ideen anzuregen. Die Organisatoren taten dazu ihr Bestes: Vorträge von Rednern aus der klassischen Physik bzw. der Quantenphysik folgten stets im Wechsel aufeinander, und es gab zwei Kolloquien von führenden Vertretern der beiden Lager – Sid Redner (Santa Fe Institute, USA) bzw. Reinhard Werner (U Hannover). Viele Vorträge wurden bewusst in Form von Überblicken und Tutorials gestaltet.

Aufgrund der großen Kluft zwischen den beiden communities war die Organisation eine große Herausforderung. Dennoch war die Anstrengung nicht umsonst. So wurden während des Seminars mehrere Kontaktpunkte gefunden, an denen nun eine gemeinsame Schnittstellenforschung ansetzen kann. Ein Beispiel dafür ist das Problem von Random Walks mit Neustart, einem Prozess, bei dem der Irrfahrer zu zufälligen Zeitpunkten plötzlich „nach Hause“ zu einem Startpunkt zurückkehrt und dann erneut beginnt, seine zufällige Bewegung auszuführen. Paradoxerweise kann dies manchmal die Effizienz der Suche erhöhen (zumindest in der klassischen Situation). Ein weiteres Beispiel ist die Statistik der ersten Erkennungs-/Trefferzeit und nicht nur deren Durchschnittswert. Die Verteilung der Trefferzeiten ist besonders interessant, da sie oft nicht-triviale Strukturen aufweist, die ihrerseits wichtige Leistungsmerkmale des entsprechenden Random-Walk-Algorithmus widerspiegeln.

Wir als Organisatoren sind mit diesem Ergebnis sehr zufrieden. Dieser Erfolg wurde nur dank der einzigartigen Infrastruktur und der besonderen Atmosphäre des Physikzentrums möglich, welche die Teilnehmer zu einem regen Austausch von Ideen und Meinungen inspiriert hat. Wir danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung sehr, deren großzügige Förderung dieses Seminar ermöglicht hat.

Prof. Tamás Kiss, Wigner Research Center, Budapest, Ungarn
Prof. Sergey Denisov, U Augsburg
Prof. Eli Barkai, Bar-Ilan Univ., Israel