Seminarbericht

Die physikalisch-organische Chemie ist eine verbindende Querschnittdisziplin, die sich mit der Beziehung zwischen Struktur und Reaktivität beschäftigt und dabei vor allem auch Methoden der physikalischen Chemie und seit einigen Jahren auch die der Physik intensiv nutzt. Kennzeichnend ist hierbei die Einbeziehung klassischer und statistischer Thermodynamik, der Quantenmechanik und einer Vielzahl spektroskopischer und spektrometrischer Methoden, die auch für eine moderne, naturwissenschaftliche Ausbil­dung sehr wertvoll ist. Die insgesamt 33 Sprecher/innen dieses Seminars, das vom 18. bis 21. Februar 2019 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, waren sowohl ausgewiesene Forscherpersönlichkeiten als auch jüngere Vertreter/innen dieser Querschnittsdisziplin zwischen Physik und Chemie. Die Teilnehmer/innen hatten zudem Gelegenheit, ihre Arbeiten in den Postersitzugen zu präsentieren.

Erwartungsgemäß waren die Beiträge weit gefächert und berührten alle wesentlichen, zentralen Fragestellungen der modernen physikalisch-organischen Chemie. So fokussierten sich diverse Beiträge auf spektroskopische und spektrometrische Methoden zur Detektion reaktiver Intermediate mit besonderem Augenmerk auf neue Ansätze in der NMR- (auch während Photoanregung und zur Katalysator-Substraterkennung), IR- (u.a. gekoppelt zweidimensional mit Vis-Spektroskopie), VCD- (bei sehr tiefen Temperaturen) und Rotationsspektroskopie (auch unter Einbeziehung chiraler Moleküle); gerade hier zeigte sich die große Schnittmenge aus Physik und Chemie besonders gut. Beiträge zu Coulomb-Explosion zur Bestimmung der absoluten Konfiguration und chirale Verstärkung fehlten ebenso wenig wie Messungen von Isotopeneffekten. Theoretische Methoden (ab initio und Dichtefunktionaltheorie) zur Spektreninterpretation und Reaktionsaufklärung rundeten das Methodenarsenal ab. Aber auch erfrischend neue Ideen wie die Nutzung von Diamantoberflächen zur Photokatalyse oder die Ausnutzung der Moleküldynamik als Kommunikations-„Device“ sowie neue Ansätze zur Erklärung der Homochiralität von Naturstoffen bereicherten das Seminar nachhaltig und haben bei allen Teilnehmern einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wir danken der WE-Heraeus-Stiftung für die finanzielle und organisatorische Unterstützung des Seminars.

 

Prof. Dr. Christina M. Thiele, TU Darmstadt

Prof. Dr. Peter R. Schreiner, U Gießen