Seminarbericht

Die Bose-Einstein-Kondensation wurde für Gase erstmals 1995 an ultrakalten verdünnten Alkaliatomgasen beobachtet, später auch an Exciton-Polaritonen, stark gekoppelten Mischzuständen von Licht und Materie in Festkörpersystemen. Seit 2010 haben mittlerweile etliche Labors auch Bose-Einstein-Kondensate von Photonen erzeugt, bei denen – anders als im Lehrbuchbeispiel eines Schwarzkörperstrahlers – die Photonen nicht bei Abkühlung verschwinden, sondern in eine Grundmode des Systems kondensieren. Thema dieses Seminars, das vom 14. bis 17. Januar im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, waren Bose-Einstein-Kondensate aus Licht in mit Farbstofflösung gefüllten optischen Mikroresonatoren, Exziton-Polariton-Kondensate, kollektive Mehrmodeneffekte in Resonatoren, plasmonische Systeme sowie andere optische Quantenflüssigkeiten. Ein früheres Seminar „Condensates of light“ hatte 2016 in Chicheley Hall, UK, stattgefunden. Die im aktuellen Seminar von 25 Rednern und in 43 Posterbeiträgen dargestellten Arbeiten zeigten beachtliche Fortschritte auf diesem Gebiet sowohl an quantenoptischen als auch an festkörperphysikalischen Systemen auf.

So berichtete Robert Nyman über Experimente zur Bose-Einstein-Kondensation von lediglich sieben Photonen im mit Farbstofflösung gefüllten Mikroresonator, Jan Klaers über ein Gitter für das Photonenkondensat. Dries van Oosten stellte neuartige Wechselwirkungseffekte des Lichtkondensats vor und Päivi Törmä die ihr durch Kopplung an Farbstoffmoleküle gelungene Thermalisierung eines plasmonischen Lichtkondensats. Ein weiteres Highlight war der Vortrag von Natalia Berloff über Arbeiten zur Simulation des XY-Hamiltons, einer Verallgemeinerung des bekannten Ising-Hamiltonians, in einem Polaritongitter. Polaritonkondensate lassen sich auch in organischen Systemen realisieren, wie im Vortrag von Thilo Stöferle dargestellt. Mit klassischen Wellen lassen sich Analogien zu Bose-Einstein-Kondensaten beobachten, wozu Robin Kaiser Weiterentwicklungen vorstellte. Jonathan Simon berichtete über Experimente zur Realisierung von Landau-Niveaus für Photonen in verdrehten optischen Resonatoren, einer quantenmechanischen Niveaustruktur, die üblicherweise Elektronen im Magnetfeld vorbehalten ist.

Das Seminar brachte 85 Teilnehmer zusammen, die sowohl theoretische Vorschläge als auch die experimentelle Erkundung neuer Quantenflüssigkeiten aus Licht lebhaft diskutierten. Der WE-Heraeus-Stiftung danken wir für ihre finanzielle und organisatorische Unterstützung des gelungenen Seminars.

Prof. Dr. Martin Weitz, U Bonn
Dr. Jonathan Keeling, U St. Andrews/UK
Dr. Robert Nyman, Imperial College London/UK