Seminarbericht

Dieses WE-Heraeus-Seminar, das vom 19. bis 22. Mai 2019 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, widmete sich aktuellen Entwicklungen in der Erforschung von suprafluiden Helium-Nanotröpfchen. Bei diesem Forschungsgebiet kommen eine große Bandbreite von theoretischen und experimentellen Methoden aus der Molekül- und Clusterphysik sowie der analytischen Chemie zum Einsatz. Diese reichen von der Infrarotspektroskopie über Massenspektrometrie bis hin zur bildgebenden Röntgenbeugung mittels intensiver Röntgenpulse. Während sich einige Gruppen auf die grundlegenden Eigenschaften der Helium-Nanotröpfchen als mesoskopische Quantenflüssigkeit konzentrieren, benutzen andere Strahlen aus Heliumtröpfchen als ultrakaltes Substrat für die hochauflösende Spektroskopie von eingelagerten Molekülen, Ionen und exotischen Nanostrukturen.

Besonders erwähnenswert ist die von Paul Scheier aus Innsbruck vorgestellte neue Technik, mikrometergroße, größenselektierte Heliumtröpfchen zu erzeugen, die sich mit Metallatomen und -Ionen vielfach dotieren lassen. Diese Mikrotröpfchen ermöglichen die Aggregation von monodispersen Metallclustern, die dann auf eine Oberfläche abgeschieden und dort mikroskopiert werden können. Die Gruppen von Andrey Vilesov aus Los Angeles und von Daniela Rupp aus Berlin konnten mittels intensiver Laserpulse im extrem-ultravioletten bis Röntgen-Bereich die Form und sogar die innere Struktur von großen Helium-Nanotröpfchen darstellen. Besonders interessant dabei ist der direkte Vergleich der Ergebnisse für suprafluide Tröpfchen, die quantisierte Vortexstrukturen aufweisen, mit normalflüssigen Tröpfchen bestehend aus Atomen des fermionischen Heliumisotops 3He. Adam Chatterley aus Aarhus berichtete über Experimente mit intensiven Laserpulsen, die es erlauben, die räumliche Ausrichtung von einzelnen Molekülen sowie von kleinen molekularen Komplexen, die in Helium-Nanotröpfchen eingelagert sind, zu kontrollieren. Diese Experimente haben die Gruppe von Misha Lemeshko dazu angeregt, ein neues Quasiteilchen einzuführen und theoretisch zu beschreiben, das „Angulon”. Die Gruppe von Manuel Barranco in Barcelona entwickelt eine erweiterte zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie, mit der sich die Dynamik von mesoskopischen Quantenflüssigkeiten, insbesondere von angeregten reinen sowie dotierten Helium-Nanotröpfchen, simulieren und in eindrucksvollen Animationen visualisieren lässt. Weiterhin berichteten mehrere Gruppe von exotischen chemischen Reaktionen zwischen Molekülen und Ionen, die innerhalb von Helium-Nanotröpfchen ablaufen und u.a. Aufschluss über die Chemie im interstellaren Raum geben können.

Wir danken der WE-Heraeus-Stiftung für die großzügige finanzielle Unterstützung dieses Seminars.

Prof. Dr. Marcel Mudrich, Prof. Dr. Henrik Stapelfeldt, U Aarhus/DK