Seminarbericht

Oberflächengestützte Membranen dienten ursprünglich vor allem dazu, grundlegende Erkenntnisse zu den biophysikalischen Eigenschaften von Zellmembranen zu gewinnen. In den letzten Jahren haben sie jedoch zunehmend an Akzeptanz bei der Untersuchung komplexer biologischer Prozesse sowie bei verschiedenen pharmazeutischen und diagnostischen Anwendungen gewonnen. Diese Entwicklung hat das 752. WE-Heraeus Seminar zum Anlass genommen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa, Asien und den USA zusammen zu bringen und ein Hybrid-Meeting vom 29.8 bis 1.9.2021 im Physikzentrum in Bad Honnef durchzuführen. Obwohl im Vorfeld aufgrund der andauernden Pandemie eine gewisse Unsicherheit herrschte ob der sich ständig ändernden Reise-Regularien, konnten wir am Ende 28 Teilnehmende vor Ort begrüßen. Für viele war dies das erste persönliche Treffen nach einer langen Pause, was sich in der Begeisterung der Teilnehmenden widerspiegelte. Aufgrund der hervorragenden Technik im Hörsaal des Physikzentrums barg auch die Zuschaltung von bis zu 17 online-Teilnehmenden kein Problem. Es fühlte sich geradezu so an, als wenn auch diese Personen direkt dabei wären. Dadurch entstand eine diskussionsfreudige und entspannte Atmosphäre. So folgte auf jeden Vortrag eine lebhafte Diskussion von 15 Minuten, die zum Teil beim Kaffee, Essen und den ausgestellten Postern intensiv fortgeführt wurde und die von der Tradition profitierte, auch unveröffentlichte Ergebnisse offen zu teilen. Das persönliche Treffen hat somit neue und alte Kooperationen befördert und den jungen Forschenden ermöglicht, Forschungsgruppen zu identifizieren, die ihrer wissenschaftlichen Laufbahn förderlich sind.

Das Seminar begann mit einem Abendvortrag von Wolfgang Knoll, der quasi der „Begründer“ der TETHMEM-Tagungen ist. Er lieferte zunächst einen historischen Überblick über das Gebiet der „tethered membranes“, schloss dann aber mit erst wenige Wochen alten Ergebnissen ab. Die weiteren Präsentationen über die 2,5 Tage zeigten auf, dass sich das Feld in Richtung komplexer Membransysteme bewegt, um komplexe biologische Fragen zu beantworten. Neha Kamat und Susan Daniel erläuterten z. B. die jüngsten Fortschritte bei der Verwendung von zellfreien Expressionssystemen zur Protein-Rekonstitution in Lipidmembranen auf Oberflächen. Motiviert durch die Pandemie konzentrierten sich mehrere Vorträge auf die Verwendung von Plattformen zur Nachahmung von Zellmembranen, um die Lebenszyklen von Viren zu untersuchen, sowie auf mechanistische Darstellungen der Impfstoffaufnahme, um zu zeigen, wie biophysikalische Ansätze auf der Grundlage solcher Systeme die laufende Forschung in der Zellbiologie und Virologie ergänzen können.

Ohne die WE-Heraeus-Stiftung mit ihrer fantastischen Organisation, der hervorragenden Technik und der finanziellen Unterstützung wäre dieses Seminar zu der jetzigen Zeit nicht möglich geworden. Vielen Dank dafür!

Prof. Dr. Marta Bally, U Umea

Prof. Dr. Fredrik Höök, Chalmers U

Prof. Dr. Claudia Steinem, U Göttingen