Seminarbericht

Wie viele Veranstaltungen im Frühjahr 2022 fand auch dieses Seminar vom 14. bis 16. März im Physikzentrum in Bad Honnef in einem hybriden Format statt. Über 50 begeisterte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren vor Ort und konnten die anregende Umgebung sowie die herausragende technische Ausstattung genießen. Hinzu kamen fast 20 weitere Teilnehmende per Zoom.

Inhaltlich lieferten alle Beiträge einen glänzenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu den Grenzflächeneigenschaften von Materialien im Nanometerbereich. In puncto Materialien standen zwei-dimensionale Materialien im Fokus, insbesondere Übergangsmetall-Dichalkogenide, aber auch CdSe, PbSe, PbS, Bi2Se3 oder ZnS-Nanoplättchen. Dies wurde ergänzt durch ein-dimensionale Nanostrukturen wie Kohlenstoff-Nanoröhrchen, ZnO oder CdSe-Nanodrähten sowie null-dimensionale Nanopartikel und -cluster aus HgTe, CdSe/CdS, InSe, Gold und Perowskiten verschiedenster Zusammensetzung. Dass auch drei-dimensionale Materialien reichlich Raum für nanostrukturierte Oberflächen bieten, wurde anhand von kovalenten organischen Gerüstverbindungen eindrucksvoll gezeigt.

Große Vielfalt herrschte auch bei den gezeigten Methoden: Hier ist vor allem die optische Pump-Probe-Spektroskopie hervorzuheben, aber auch andere spektroskopische Verfahren wie orts- und zeitaufgelöste Photolumineszenz, Spektroelektrochemie, Kathodolumineszenz und Laserraster-Photostrommikroskopie. Synthetische Methoden für die Isolation hochreiner Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder für die Darstellung von Heterostrukturen aus Übergangsmetall-Dichalkogeniden wurden gezeigt. Molekulardynamik-Simulationen und die Berechnung von Minibändern sowie Bandstrukturen von topologischen Isolatoren sorgten für Einblicke in die theoretische Beschreibung der behandelten Materialien. Verschiedene Ansätze für ein gezieltes Gating der Nanostrukturen unterstrichen den hohen Anwendungsaspekt des Seminarthemas, wobei licht-emittierende Dioden, Feldeffekttransistoren, Laser, Photodetektoren, topologische Isolatoren und Solarzellen konkret vorgestellt und diskutiert wurden. Große Einigkeit herrschte darüber, dass das gezielte Stapeln von zweidimensionalen Heterostrukturen enormes Potenzial für solche Anwendungen hat.

Als übergeordnete Kernbotschaften nahmen die Teilnehmenden mit nach Hause, dass a) Bleihalogenidperowskite furchtbar instabile Materialien sind mit herausragenden optoelektronischen Eigenschaften, die jedoch dank großer Forschungsbemühungen immer stabiler werden, dass b) zwei-dimensionale Materialien vielversprechende Kandidaten für die überübernächste Generation von Prozessoren sind und dass c) der Schlüssel zu ultraschnellen optischen Schaltprozessen in Materialien mit gebrochener Symmetrie liegt.

Insgesamt wurde das Seminar, insbesondere auch die ausgedehnten Kaffeepausen und zwei Postersitzungen, für regen Ideenaustausch und ausführliche Diskussionen genutzt. Wir danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die großzügige finanzielle Unterstützung.

Prof. Dr. Christian Klinke, U Rostock
Philipp Haizmann und Prof. Dr. Marcus Scheele, U Tübingen