Seminarbericht
Das Phänomen der Supraleitung spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung moderner Quantentechnologien, sowohl bei der Realisierung und Kontrolle supraleitender Quantensysteme als auch bei der hochsensitiven Detektion schwächster Energie- und Feldquanten. Dabei eröffnen neuartige, auf Mikrowellenexperimenten beruhende Detektionsmethoden bisher wenig untersuchte Perspektiven auf Eigenschaften wie kinetische Induktivität und Rauschverhalten in Materialien wie zweidimensionalen Kristallen oder synthetischen Ferromagnet-Supraleiter- oder Halbleiter-Supraleiter-Verbindungen. Unterstützt durch fortschrittliche theoretische Ansätze aus der Nichtgleichgewichts-Quantenfeldtheorie entstehen neue Erkenntnisse über exotische Quantenphasen. Hierbei sind topologisch nichttriviale Strukturen mit mehreren supraleitenden Kontakten besonders hervorzuheben, die sowohl für fundamentale Untersuchungen, aber auch für neuartige Konzepte von Quantenbits von höchstem Interesse sein könnten. Besonders dynamisch entwickelt sich das Gebiet der mesoskopischen Supraleitung, in dem supraleitende Heterostrukturen mit komplexen Quantenmaterialien kombiniert werden. In solchen Hybridsystemen konnten überraschende Effekte wie ein steuerbarer Suprastrom, der supraleitende Diodeneffekt oder neuartige Phasen in verdrehtem zweilagigem Graphen beobachtet werden. Anders als frühere Ansätze beziehen heutige Experimente unkonventionelle Supraleiter, magnetische und halbleitende Materialien ein, die gezielt hybridisiert werden, um maßgeschneiderte Quantenschaltungen zu erzeugen. Parallel dazu haben Fortschritte in der Messtechnik Zugang zu zuvor nur theoretisch beschriebenen supraleitenden Eigenschaften eröffnet, etwa zur Phasensteifigkeit oder zu kalorimetrischen Details einzelner Phasenübergänge.
Dieses Seminar, das vom 18. bis 22. Mai 2025 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, thematisierte diesen interdisziplinären Fortschritt, wobei experimentelle Durchbrüche eng mit theoretischen Vorhersagen verzahnt sind. Ziel war es, ein breites Spektrum von Expertinnen und Experten aus sich bisher wenig berührenden Gebieten in Kontakt zu bringen. Das Seminar war mit rund 80 Teilnehmenden ausgezeichnet besucht, wobei etwa ein Viertel aus dem Ausland kam. Viele Teilnehmer kamen aufgrund des positiven Eindrucks früherer Seminare. 22 eingeladene Vorträge wurden durch 10 Beiträge von jüngeren Teilnehmer sowie einen unterhaltsamen Abendvortrag zu topologischen Materialien ergänzt. Lebhafte Postersitzungen bis spät in den Abend zeugten von der hohen Aktualität des Themas und der starken Motivation der Teilnehmenden.
Wir bedanken uns bei der WE-Heraeus-Stiftung sowie dem Physikzentrum für die ausgezeichnete finanzielle, organisatorische und logistische Unterstützung.
Prof. Dr. Elke Scheer, Prof. Dr. Wolfgang Belzig, U Konstanz
Prof. Dr. Christoph Strunk, U Regensburg