Seminarbericht

Nichtdiffusive strukturelle Phasenübergänge, auch displazive Phasenübergänge genannt, gehen mit spannender Physik einher, z.B. wenn sich am Phasenübergang eine Ladungsdichtewelle bildet. Oft sind diese auch mit speziellen Anwendungen verbunden wie in Formgedächtnislegierungen und ferroelektrische Materialien. Gemeinsame Merkmale sind verzwillingte Mikrostrukturen, Transport- und Phononen-Anomalien. Dieses Seminar, das vom 27. bis 30. April 2025 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, brachte dazu Experten aus verschiedenen Forschungsdisziplinen zusammen. Ziel war zu verstehen, welche experimentellen und theoretischen Ansätze, die derzeit nur für einige dieser Materialien angewendet werden, sich auf andere Materialklassen übertragen lassen – auch, um mögliche Anwendungen voranzubringen.

Etwa 50 Teilnehmende aus verschiedenen Forschungsrichtungen diskutierten intensiv über die elektronischen und mikrostrukturellen Ursachen dieser nicht-diffusiven Phasenübergänge. Die Teilnehmenden kamen zum einen aus der experimentellen und theoretischen Festkörperphysik, die sich mit der Physik von Ladungsdichtewellen und korrelierten Elektronensystemen, insbesondere in 2D-Systemen, befasst, sowie zum anderen aus den Ingenieurwissenschaften, mit Anwendungsbeispielen aus den Bereichen der Formgedächtnismaterialien und Elasto- und Magnetokalorik bis hin zu Stählen. Während an einigen Materialbeispielen, wie dem Formgedächtnismaterial NiTi, die Zusammenhänge deutlich aufgezeigt und konkrete Ideen für gemeinsame Experimente diskutiert wurden, machte die Diskussion auch deutlich, dass es noch ein weiter Weg ist, bis sich diese verwandten Themen in der Breite gemeinsam betrachten lassen. Das macht die wissenschaftliche Herausforderung umso spannender.

Insgesamt bildeten 17 eingeladene Vorträge sowie eine Postersitzung mit exzellenten Beiträgen der jüngeren Forschenden das Programm. Wissenschaftliche Highlights waren u.a. die Beiträge von Margaret Murnane, welche die neuesten Entwicklungen zu laserbasierten Lichtquellen für die Untersuchung displaziver Phasenübergänge in Quantenmaterialien präsentierte, und Sebastian Fähler, der mit Untersuchungen zu martensitischen Transformationen in ferroischen Materialien beeindruckte, die alle relevanten Zeit- und Längenskalen umfassten.

Bereits während des Seminars begannen die Teilnehmenden, Zusammenarbeiten zu besprechen. Es kommt jetzt darauf an, diese wissenschaftlichen Disziplinen, die sich sonst nicht auf Konferenzen treffen, weiter zu vernetzen. Wir danken der WE-Heraeus-Stiftung für die finanzielle Förderung des Seminars sowie die hervorragende Organisation.

Prof. Dr. Gabi Schierning, U Duisburg-Essen
Prof. Dr. Andreas Hütten, U Bielefeld
Prof. Dr. Kai Rossnagel, U zu Kiel