Seminarbericht

Der publikumswirksame Film „Oppenheimer“ hat im vergangenen Jahr die Atombombenproblematik wieder in den Fokus des allgemeinen Interesses gerückt, und der 80. Jahrestag des Einsatzes der Atombombe hat ein Übriges getan. Dieses Seminar, das vom 2. bis 6. Juni 2025 im Physikzentrum in Bad Honnef über 50 Teilnehmende zusammenführte, nahm diesen Faden auf. Das vielfältige und intensiv diskutierte Programm umfasste 25 eingeladene Vorträge, eine Podiumsdiskussion, zwei Filmabende und eine Poster-Sitzung. Dabei lag die Stärke des Seminars nicht allein in der hohen Qualität der Vorträge und der ausgewiesenen wissenschaftlichen Kompetenz der Vortragenden, sondern auch in seiner Interdisziplinarität. Physikhistoriker und historisch interessierte Fachphysiker nahmen ebenso daran teil wie z. B. Politikwissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten, erfahrene Wissenschaftler ebenso wie Nachwuchswissenschaftler. 

Mehrere Vortragende stellten Physiker wie Werner Heisenberg oder J.R. Oppenheimer in den Fokus; ein weiterer Themenschwerpunkt war die Rolle einzelner Institutionen wie der Berliner Physikalisch-Technischen Reichsanstalt oder der amerikanischen Forschungsuniversitäten der Nachkriegszeit. Ein ganzer Tag war „internalistischen” Fragen der Physikgeschichte gewidmet, darunter der Berechnung der kritischen Masse einer Atombombe – ob und wann solche erfolgten – und den konstruktiven Details der historischen „Uranmaschinen“ (Kernreaktoren) und Atombomben.

Den im Mittelpunkt der Tagung stehenden Vergleich zwischen USA und Deutschland ergänzten Vorträge über andere Länder, darunter zur Kernphysik im Italien vor dem Zweiten Weltkrieg, zum chinesischen Atom- und Wasserstoffbombenprojekt, zur Bedeutung des sowjetischen Atombombenprojekts für das heutige Russland und die anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie zum temporären Streben Spaniens nach Atomwaffen in der Nachkriegszeit. Weitere Vorträgen beschäftigten sich u.a. mit den amerikanischen Programmen „Atoms for Peace” und „Civil Defense” sowie der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und deren Politisierung und Instrumentalisierung.

Das dichte Programm umfasste als „Abendprogramm" auch einen öffentlichen Vortrag des amerikanischen Wissenschaftshistorikers Michael Gordin (Princeton) zur „Nuclear History beyond Manhattan“ sowie die beiden Dokumentarfilme „Reconstructing Francoise“ (Uni Erlangen) sowie „Väter der 1000 Sonnen“ (DEFA 1989).

Wir bedanken uns bei der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die großzügige Umsetzung einer Idee, die bereits in Vor-Corona-Zeiten geboren wurde, sowie für die professionelle und sehr kooperative Zusammenarbeit bei der Vorbereitung und Durchführung des Seminars bei den Mitarbeiter*innen der Stiftung.

 

Prof.(i.R.) Dr. Dieter Hoffmann, Fritz-Haber-Institut der MPG, Berlin

Prof. Dr. Mark Walker, Union College in Schenectady, NY, USA