Seminarbericht
John von Neumann (1903 – 1957) war einer der begabtesten Universalwissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Seine Interessen waren so breit gefächert, dass er gleich mehrere Fachgebiete begründete oder revolutionierte. Sein Vermächtnis in der Physik ist in allen Lehrbüchern zu finden: der Hilbert-Raum, die Rolle von Operatoren, die Dichtematrix und mehr. Seine Rolle als einer der Gründerväter der Quantentheorie wird aber (zu) selten erwähnt. Ziel des Seminars, das vom 25. bis 28.5. im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, war es, 100 Jahre später den Einfluss seiner frühen bahnbrechenden Beiträge auf die aktuelle Forschung zu untersuchen, zu würdigen und die Beziehung seiner Arbeit zur Mathematik, zur Informatik und den Wirtschaftswissenschaften zu skizzieren. Das Thema passte perfekt zum IYQ, dem International Year of Quantum Science, das von den Vereinten Nationen für 2025 ausgerufen worden war.
R. Werner spannte in seinem Einführungsvortrag sogleich den Bogen vom „Projektionspostulat“ von Neumanns bis zu dessen bis heute kontrovers diskutierten „Hidden Variables“. R. Longo und L. v. Luijk konzentrierten sich auf die Rolle algebraischer Strukturen mit besonderem Blick auf Quanteninformation. Der Blick auf andere Fächer wurde eingeleitet von T. Kjeldsen und P. v. Stengel, die insbesondere die Begründung der Spieltheorie mit dem berühmten „Minimax-Theorem“ vorstellten, und erweitert von H. Bölcskei, der Einblicke von Zellularautomaten bis zur Erkenntnisgewinnung mit neuronalen Netzen beisteuerte. Hier zeigten sich schon am ersten Seminartag für die Teilnehmenden überraschende Zusammenhänge, die von Neumanns breiten Einfluss über die Fächer hinweg verdeutlichten.
Die anregende Atmosphäre hielt über das gesamte Seminar an: Beiträge zur Frage der Messung (D. Bruß, R. Renner, P. Lahti) und zur Quanten-Thermodynamik (N. Datta, V. Scarani) sowie zu Computer-Architekturen (D. DiVincenzo, K. Nowrouzi) wurden begleitet von experimentellen Einsichten (M. Brune, A. Widera) und einem historischen Beitrag von M. Janssen, wie sich denn von Neumanns Beiträge insbesondere 1927 in das damalige Göttinger Umfeld einordnen ließen.
Die 56 Teilnehmenden aus zahlreichen Nationen, davon mehr als die Hälfte Nachwuchswissenschaftler von Bachelorstudenten bis zu Juniorprofessoren, verließen das Seminar mit dem unisono und freudig geäußerten Eindruck, tiefe und eindrückliche Erkenntnisse aus gleich mehreren Wissensgebieten mitzunehmen – ganz im Geiste John von Neumanns und mit großem Dank an die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung.
Prof. Dr. Dieter Meschede, U Bonn
Prof. Dr. Klaus Mølmer, Niels Bohr Institute und U Kopenhagen/DK
Prof. Dr. Reinhard Werner, U Hannover