Seminarbericht

Lokale Unvollkommenheiten in Materialien wie Defekte, Verunreinigungen, Versetzungen, Domänenwände und Unordnung sind sowohl entscheidend für Anwendungen als auch von reinem wissenschaftlichen Interesse, da sie oft erst wichtige und spannende Eigenschaften ermöglichen oder feinabstimmen, die in homogenen Medien nicht auftreten. In jüngster Zeit wurden in Materialien mit mikroskopischer Heterogenität mehrere exotische Phänomene entdeckt, was darauf hindeutet, dass die lokalen Unvollkommenheiten gemeinsam mit den Hostmatrizen einzigartige Funktionalitäten ermöglichen. Die verborgenen Mechanismen dahinter aufzuklären ist essenziell dafür, neuartige Funktionsmaterialien zu entwickeln.

Das Ziel dieses Seminars, das vom 22. bis 24. Mai im Physikzentrum stattfand, war es daher, grundlegende Aspekte in Bezug auf Strukturen und Funktionalitäten erweiterter Unvollkommenheiten in Kristallen und Gläsern – die seit Kurzem auch „hypergeordnete Strukturen“ (hyperordered structures) genannt werden – zu vertiefen und neue Forschungsrichtungen zu erkunden. Darüber hinaus bot das Seminar eine Plattform für internationale und interdisziplinäre Kommunikation, um die Zusammenarbeit zwischen jungen und erfahrenen Forschern zu fördern.

Die renommierten Referentinnen und Referenten präsentierten einen umfassenden Blick auf das Zusammenspiel zwischen der Struktur von Materialien auf verschiedenen Ebenen und ihren makroskopischen Eigenschaften und darauf, wie dieses Wissen bei der Entwicklung von Funktionalitäten für neuartige Materialien hilft. Die behandelten Themen reichten von Ferroelektrika bis zu Gläsern und von Reverse-Monte-Carlo-Modellierung bis zu massiven ab-initio-Simulationen komplexer Systeme. Ein besonderer Höhepunkt war der Vortrag von B. Noheda zum Auftakt, der ferroelastische Domänenwände als memristive Netzwerke einführte.

Die Teilnehmenden hatten vielfältige Hintergründe in Chemie, Materialwissenschaften und Physik, wobei ein großer Teil eine Verbindung zum japanischen Projekt „Hyper-ordered structure science project“ und/oder zur europäischen Gruppe „GRK 2495, Energy Conversion Systems: From Materials to Devices“ hatte.

Wir als Organisatoren danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung herzlich für ihre außergewöhnliche Unterstützung in allen Phasen des Seminars. Ihre großzügige Hilfe spielte eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Veranstaltung und ermöglichte bedeutsame Interaktionen zwischen den Teilnehmenden.

Prof. Dr. Jens R. Stellhorn, Prof. Dr. Hiroki Taniguchi, U Nagoya, Japan
Prof. Dr. Kyle Webber, U Erlangen-Nürnberg