Seminarbericht

Die Entropie bestimmt wie keine zweite thermodynamische Variable den Ablauf thermodynamischer Prozesse und bestimmt mit dem zweiten Hauptsatz, ob Prozesse reversibel, irreversibel oder gar nicht ablaufen. Das Konzept der Entropie geht vor allem auf Rudolf Clausius zurück, der in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag gefeiert hätte. Seine thermodynamischen Betrachtungen haben inzwischen Einzug in eine Vielzahl von Forschungsrichtungen gefunden. Zu diesen vielfältigen Anwendungen der Entropie sowie den daraus erwachsenen Forschungserkenntnissen kamen vom 14. bis 17. Juli 2022 fast 80 Teilnehmer aus 22 Ländern in das Physikzentrum Bad Honnef, darunter viele international führende Experten. Das Seminar zeichnete sich vor allem durch die große Interdisziplinarität und thematische Breite aus.

Thematisch wurden insbesondere die Schwerpunkte Entropie und Information, Nichtgleichgewichts- und Quantensysteme, Entropie in molekularen Systemen und biologische Systeme in Experiment und Theorie diskutiert. Konkret gehören dazu die Untersuchung neuartiger thermodynamischer Unschärferelationen und neuer theoretischer Methoden, wie die sogenannte „Maximum Caliber Methode“. Darüber hinaus nahmen die experimentellen Untersuchungen von Nichtgleichgewichtsprozessen in levitierenden optomechanischen Systemen sowie in quantenmechanischen Ionenfallen und kalten Atomwolken großen Raum ein. Anwendungen auf biologische Systeme und aktive Materie rundeten das Programm ab. Das Konzept der Entropie öffnet dabei die Möglichkeit, neuartige Beschreibungen von Nichtgleichgewichtsprozessen zu finden und experimentelle Beobachtungen mit neuen Konzepten zu analysieren und theoretisch zu beschreiben.

Neben dem Vortragsprogramm stand viel Zeit für Diskussionen zur Verfügung, etwa während der abendlichen Postersitzungen. Abgerundet wurde das wissenschaftliche Programm des Seminars von einem vorgelagerten Festakt der Universität zur Feier des 200. Geburtstages von Rudolf Clausius mit Vorträgen der Nobelpreisträger Steven Chu und Jean Marie Lehn sowie von einer Einführung in das Seminar zum Leben und zu den Arbeiten von Rudolf Clausius.

Das Seminar wurde von den Teilnehmern wegen seiner thematischen Breite als große Bereicherung empfunden. Wir bedanken uns im Namen aller Teilnehmer bei der WE-Heraeus-Stiftung für die Möglichkeit, dieses Seminar durchzuführen, und für die organisatorische Unterstützung.

Prof. Dr. Jens Bredenbeck, U Frankfurt
Prof. Dr. Eric Lutz, U Stuttgart
Prof. Dr. Artur Widera, U Kaiserslautern