Seminarbericht

Die starke Wechselwirkung und ihre theoretische Beschreibung im Rahmen der Quantenchromodynamik (QCD) spielen am Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf und dem in Bau befindlichen Electron Ion Collider (EIC) am Brookhaven National Laboratory in New York eine wichtige Rolle. Vorwärts gestreute Protonen und Kerne sind dabei von besonderem Interesse, denn sie erlauben hochaufgelöste Strukturuntersuchungen dieser stark gebundenen Zustände von Quarks und Gluonen, am EIC sogar in drei Dimensionen. Ermöglicht werden diese durch spezielle Detektoren, über die ATLAS und CMS bereits verfügen, die für ALICE in Bau und den EIC geplant sind, und die spezielle Geometrie des LHCb-Experiments.

An dem Seminar und LHC-Arbeitsgruppentreffen zu diesem Thema, das vom 23. – 27. Oktober 2023 am Physikzentrum in Bad Honnef stattfand, nahmen 32 weltweit führende Expertinnen und Experten aus Europa und den USA und fast ebenso viele jüngere Forschende teil. Deutlich wurdedabei der enorme Fortschritt in den vergangenen zehn Jahren nicht nur zur Proton-, sondern auch zur Kernstruktur. Intensiv diskutiert wurden die Fragen, wie sich eindeutige Signale der theoretisch erwarteten Gluon-Saturation gewinnen oder sogenannte Odderon-Zustände zweifelsfrei nachweisen lassen. Spektakulär war auch die Entdeckung der Licht-an-Licht-Streuung, die nun zur Suche nach dunkler Materie und neuen Wechselwirkungen genutzt wird.

Großen Raum nahmen Diskussionen zum zukünftigen experimentellen Programm in der Hochluminositätsphase des LHC, mit der Forward Physics Facility am CERN und speziellen Detektoren am EIC sowie in kosmischer Strahlung ein. Mögliche Entdeckungen könnten dann neue exotische Hadronen, das anomale magnetische Moment des Tau-Leptons oder Axionen sein, angepasste Strahloptik und gesteigerte Sensitivität sowie Haltbarkeit der Detektoren vorausgesetzt.

Mit seinem intensiven und vielseitigen wissenschaftlichen Programm, eingeladenen längeren und weiteren kürzeren Vorträgen, Postern und Diskussionen war das Seminar ein großer Erfolg und weckte den Wunsch nach Fortsetzung und noch intensiverer Zusammenarbeit. Drei der hervorragenden Beiträge der jüngeren Teilnehmer wurden mit Posterpreisen ausgezeichnet. Unser herzlicher Dank gilt der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die großzügige finanzielle und professionelle organisatorische Unterstützung sowie dem Team des Physikzentrums für die hervorragende Betreuung während des Seminars.

Prof. Dr. Michael Klasen, U Münster

Prof. Dr. Paul Newman, U of Birmingham

Prof. Dr. Christophe Royon, U of Kansas