Seminarbericht

Die Suche nach neuer Physik und neuen Wechselwirkungen jenseits des Standardmodells (SM) der Elementarteilchenphysik ist eines der wichtigsten und aufregendsten Ziele der modernen Wissenschaft. Zwei komplementäre Strategien werden heute verfolgt, um diese Suche zu verwirklichen. Neben dem Einsatz von großen Beschleunigeranlagen, wie dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN, werden Laborexperimente in der Atom- und Molekülphysik sowie optischen Physik bei niederen Energien durchgeführt. Der große Vorteil dieser eher „table-top“ Messungen ist ihre unglaublich hohe Präzision, die inzwischen dank der außergewöhnlichen Fortschritte bei der Quantenkontrolle von Materie und Licht möglich ist.

Aktuelle und zukünftige hochpräzise Tests des Standardmodells bei niedrigsten Energien waren das Kernthema dieses Seminars, das vom 8. bis 13. Mai in Bad Honnef stattfand. Das Thema hat mehr als 90 Teilnehmer aus 16 Ländern und insbesondere viele junge Wissenschaftler*innen angezogen, die ein breites Spektrum an experimentellen und theoretischen Entwicklungen auf diesem Gebiet diskutierten. Eine Reihe von Vorträgen und Postern war z.B. der Suche nach ultraleichter dunkler Materie mit Hilfe von Quantensensoren im Labor und im Weltraum gewidmet. Besondere Aufmerksamkeit wurde auch den Tests fundamentaler Symmetrien der Natur in atomaren und molekularen Systemen gewidmet. Darüber hinaus stand die Präzisionsspektroskopie hochgeladener Ionen sowie exotischer atomarer Systeme, wie Anti- und Myonen-Atome, im Mittelpunkt mehrerer Vorträge und intensiver Diskussionen in den Kaffeepausen.

Zwischen hochpräzisen Experimenten in der Grundlagenphysik und ihren Anwendungen in der Metrologie besteht eine enge Verbindung. Um diese Verbindung zu betonen, wurde die Zeremonie zur Verleihung des Helmholtz-Preises 2022 in das WE-Heraeus-Seminar integriert. Dieser Preis gilt als der prestigeträchtigste auf dem Gebiet der Präzisionsmessungen und wird in zwei Kategorien verliehen, „Grundlagen“ und „Anwendungen“. Der Preisverleihung folgte ein gemeinsames Abendessen mit Raum für informelle Diskussionen zwischen den Seminarteilnehmern, den Helmholtz-Preisträgern und den Gästen.

Im Namen aller Teilnehmer und des wissenschaftlichen Organisationskomitees möchten wir uns für die großartige finanzielle und administrative Unterstützung durch die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung und die Gastfreundschaft des Physikzentrums in Bad Honnef bedanken. Diese Unterstützung trug zu einem erfolgreichen und äußerst interessanten Seminar bei.

Prof. Dr. Klaus Blaum, MPI für Kernphysik Heidelberg
Prof. Dr. Dmitry Budker, Helmholtz-Institut und Universität Mainz
Prof. Dr. Joachim Ulrich und Prof. Dr. Andrey Surzhykov, PTB Braunschweig