Seminarbericht

Im Jahr 2017 begann mit dem ersten Gravitationswellennachweis bei der Verschmelzung zweier Neutronensterne (GW170817) und den reichhaltigen elektromagnetischen Folgeerscheinungen die Ära der Multimessenger-Astronomie. Das spannendste elektromagnetische Gegenstück zu GW170817 war die Kilonova. Diese liefert eine Antwort auf die seit langem gestellte Frage, wie und wo im Universum schwere Elemente entstehen. Das neutronenreiche Material, das bei der Neutronensternverschmelzung ausgestoßen wird, durchläuft einen r-Prozess (Rapid Neutron Capture Process), der schwere Elemente produziert und Energie erzeugt, die als Kilonova abgestrahlt wird. Daher kann man die Kilonova als direkte Beobachtung der bei Verschmelzung ausgestoßenen Materie nutzen und etwas über die extremen Bedingungen erfahren, die bei diesen Ereignissen auftreten. Dies erfordert die Kombination von Simulationen in allgemeiner Relativitätstheorie mit modernster Mikrophysik für Neutrinos und die Zustandsgleichung bei hoher Dichte, Nukleosyntheseberechnungen mit extremen und noch unbekannten neutronenreichen Kernen, Strahlungstransportmodellen für die Kilonova mit detaillierten Informationen aus der Atomphysik und Multimessenger-Beobachtungen.

In diesem interdisziplinären Seminar, das vom 28.11. bis 1.12.2022 im Physikzentrum stattfand, gab es Vorträge und lebhafte Diskussionen zu all diesen Themen. Das Seminar brachte eine Gruppe von Expert:innen aus verschiedenen Bereichen zusammen. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Zusammenarbeit zwischen Atom- und Astrophysik (atomare Astrophysik) nach dem erfolgreichen Beispiel der nuklearen Astrophysik. Das Seminar kombinierte lange Vorträge mit ausführlichen Einführungen und anschließenden Diskussionen sowie kürzere Vorträge von Nachwuchswissenschaftler:innen und eine sehr interaktive Postersitzung. Ein wichtiger Teil des Seminars waren die drei langen Diskussionen am Ende des Tages. Diese profitierten stark von der Anwesenheit von Expert:innen und enthusiastischen Nachwuchsforscher:innen aus den Bereichen Theorie, Experiment, Beobachtung, Astrophysik, Kernphysik und Atomphysik.

Die regen Diskussionen, das besondere Ambiente des Physikzentrums in Bad Honnef und die effektive organisatorische Hilfe und großzügige Unterstützung durch die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung haben zum Erfolg dieses Treffens beigetragen.

 

Prof. Dr. Almudena Arcones, TU Darmstadt
Prof. Dr. Camilla Juul Hansen, U Frankfurt
Prof. Dr. Kenta Hotokezaka, U of Tokyo, Japan
Prof. Dr. Thomas Stöhlker, U Jena