Seminarbericht

Der Einsatz von Elektrizität aus erneuerbaren Ressourcen zur Stoffwandlung in der chemischen Industrie ist eine der großen technischen Herausforderung unserer Zeit. Viele chemische Prozesse basieren bisher auf fossilen Energieträgern als Quellen für thermische Energie zur Überwindung von Reaktionsbarrieren. Diese Prozesse gilt es jedoch im Rahmen der Energiewende zu elektrifizieren. Plasmen spielen hierbei eine herausragende Rolle, da sie primär elektrisch erzeugt werden und damit sehr gezielt chemische Nichtgleichgewichtsreaktionen antreiben können. Die Kontrolle, Auslegung und das Verständnis dieser Plasmaprozesse ist allerdings sehr anspruchsvoll und deshalb zurzeit zentrales Forschungsgebiet in vielen Gruppen weltweit. Hierbei gilt es insbesondere, Lösungen für sehr unterschiedliche chemische Prozesse auf großen und kleinen Skalen zu finden, die energieeffizient und nachhaltig sind. 

Dieses Seminar, das vom 23. bis 27. April 2023 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, brachte weltweit führende Expertinnen und Experten sowie junge Forschende zusammen, um einerseits die aktuellen Fortschritte, Herausforderungen und Möglichkeiten in der nicht-thermischen Plasmaphysik und -chemie zu diskutieren und andererseits zukünftige Forschungsrichtungen und mögliche Kooperationen in der nachhaltigen Plasmachemie zu erörtern. Das Ziel dieser Forschungsaktivitäten besteht darin, die Kohlenstoffemissionen auf „netto null“ zu reduzieren und die Energieumwandlungseffizienz zu erhöhen.

Zum Auftakt des Seminars, an dem etwa 80 Forschende teilnahmen, darunter 55 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, sprach Dirk-Uwe Sauer über „Bedarf und Technologien von Energiespeichertechnologien für eine klimaneutrale Welt“. Danach folgten 17 Übersichtsvorträge über den Stand der Forschung in der Nichtgleichgewichtsplasmaphysik für zahlreiche Anwendungsfelder. Wesentliche Themen waren die plasmagestützte CO2-Hydrierung zu Methan, Methanol, sauerstoffhaltigen Chemikalien oder Synthesegas. Methoden zur Ammoniaksynthese bzw. zur Stickstofffixierung sowie das Design der chemischen Reaktoren und der eingesetzten Katalysatoren wurden diskutiert. Schließlich gab es noch Beiträge, die die Anwendung von biologischen Prozessen zur chemischen Stoffwandlung behandelten.

Die vier Podiumsdiskussionen waren aufgrund der eingehenden Diskussionen und der aktiven Beteiligung junger Forscher äußerst rege. Es wurde sehr offen über die Herausforderungen und die Möglichkeiten und Grenzen der Plasmamethoden diskutiert. Insbesondere der sehr interdisziplinäre Blickwinkel von unterschiedlichen Disziplinen wie der Verfahrenstechnik, der Oberflächenphysik oder der Plasmaphysik war sehr hilfreich, die zukünftigen Forschungsrichtungen besser zu definieren. Das Physikzentrum Bad Honnef verfügt über eine fantastische Infrastruktur und Atmosphäre, die solche fruchtbaren Diskussionen in einzigartiger Weise fördern. Wir danken der WE-Heraeus-Stiftung für die hervorragende Unterstützung dieses sehr erfolgreichen Seminars.

Prof. Yiguang Ju, Princeton University
Prof. Annemie Bogaerts, U Antwerpen
Prof. Achim von Keudell, U Bochum
Prof. Tomohiro Nozaki, Tokyo Institute of Technology