Seminarbericht

Nonequilibrium Physics – Current Trends and Future Perspectives

Im Zentrum dieses Seminars, das vom 28. August bis zum 1. September 2023 im Physikzentrum in Bad Honnef stattfand, stand die Frage, wie sich die charakteristischen dynamischen und statistischen Eigenschaften sowohl makroskopisch großer als auch relativ „kleiner” Systeme direkt aus den wohlbekannten Grundgesetzen der Physik herleiten und verstehen lassen. Innerhalb dieses weitläufigen und bereits über 100 Jahre alten Forschungsgebietes standen insbesondere drei in letzter Zeit intensiv untersuchte Teilaspekte im Fokus. Der erste betrifft das immer noch ungelöste fundamentale Problem, ob und wie sich isolierte Vielteilchensysteme nach hinreichend langer Zeit dem thermischen Gleichgewicht annähern. Das zweite kreist um die Frage, wie sich zufällige statistische Schwankungen in kleinen (Sub-)Systemen adäquat beschreiben und eventuell sogar gezielt nutzen lassen. Der dritte befasst sich mit neuen Vorschlägen, Systeme durch zeitperiodischen Antrieb gezielt in ungewöhnliche stationäre Nichtgleichgewichtszustände zu bringen bzw. solche Zustände mit spezifischen, oft topologisch motivierten Eigenschaften zu „konstruieren“.

Das Seminar ist hervorgegangen aus Aktivitäten der durch die DFG geförderten Forschungsgruppe 2692 „Fundamental Aspects of Statistical Mechanics and the Emergence of Thermodynamics in Non-Equilibrium Systems“ und diente dazu, führende Experten mit komplementärem Wissen aus verschiedenen Disziplinen wie statistischer Physik, Festkörperphysik, mathematischer Stochastik, numerischer Berechnung und Quanten-Informationstheorie zusammenzubringen. Im Rahmen von 19 eingeladenen und 15 beigetragenen Vorträgen sowie 14 Postern diskutierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer über zentrale theoretische und experimentelle Konzepte wie die „Eigenstate Thermalization Hypothesis“, „Typicality“ und „Concentration of Measure“, relevante Zeitskalen für die Relaxation ins Gleichgewicht, Resonanzphänomene in periodisch getriebenen Systemen, Dekohärenz-, Dissipations- und Fluktuationseffekte in offenen Systemen sowie neue Möglichkeiten, die durch Experimente mit ultrakalten atomaren Gasen eröffnet werden. Aufgrund der vielen bemerkenswerten, in jüngerer Zeit erzielten Einsichten ist zu erwarten, dass von der Erforschung von Nichtgleichgewichts-Phänomenen weiterhin nachhaltige Impulse ausgehen werden.

Unser besonderer Dank gilt der WE-Heraeus-Stiftung für die großzügige finanzielle und die hervorragende organisatorische Unterstützung sowie dem Physikzentrum in Bad Honnef für die professionelle Begleitung vor Ort.

Prof. Dr. Martin Holthaus, U Oldenburg
Prof. Dr. Peter Reimann, U Bielefeld