Seminarbericht

Die Wechselwirkung quantenmechanischer System mit ihrer Umgebung, bestehend aus einer unendlichen Zahl unkontrollierbarer Freiheitsgrade, ist eine typische, in vielen Anwendungen auftretende Situation. Quantensysteme sind daher meist als nicht-abgeschlossene, offene Systeme zu betrachten, deren Kopplung an die Umgebung nicht vernachlässigt werden kann und beispielsweise zu einem unwiederbringlichen Verlust quantenmechanischer Kohärenzen führt. In den letzten Jahren sind erhebliche Fortschritte in der theoretischen Charakterisierung, der numerischen Simulation, sowie in experimentellen Anwendungen offener Quantensysteme erzielt worden, beispielsweise auf den Gebieten nicht-Markovscher Prozesse (Gedächtnis-Effekte), der Quanten-Kontrolle, des Probing und der Synchronisation komplexer Systeme. Auf der anderen Seite spielt die Behandlung offener Systeme eine wichtige Rolle in Grundlagenfragen, z.B. nach der Messung und Extraktion von Information oder etwa bei der Suche nach alternativen Theorien und beim Test solcher Theorien mittels moderner experimenteller Methoden.

Das zentrale Ziel des Seminars bestand darin, einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung auf dem Gebiet offener Quantensysteme zu vermitteln und den Zusammenhang zu experimentellen Tests der Grundlagen der Quantenmechanik herzustellen und zu diskutieren. Das Seminar mit 80 Teilnehmern aus 24 Ländern fand vom 2. bis 5. Dezember 2018 in Bad Honnef statt. 21 Vorträge und 49 Poster führten zu einem intensiven und fruchtbaren Informationsaustausch. Die große Spannbreite der Themen erstreckte sich von Grundlagenproblemen der Quantengravitation, über optomechanische Systeme bis hin zu Quantenkohärenz in molekularen Aggregaten und Lichtsammelkomplexen. Einen Schwerpunkt der Vorträge und Diskussionen bildeten Strategien zur Untersuchung fundamentaler Fragen, z.B. der kausalen Struktur der Quantenmechanik, der Rolle quantenmechanischer Kohärenz, der Interferometrie mit Biomolekülen, der Detektion von Korrelationen, der Beobachtung von Thermalisierung und nicht-Markovscher Effekte sowie der Überprüfung alternativer Kollapse-Modelle.

Der große Erfolg des Seminars, sichtbar in einer Vielzahl engagierter und kontroverser Diskussionen, ist nicht zuletzt der anregenden Atmosphäre des Physikzentrums zu verdanken. Die Organisatoren und Teilnehmer danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung herzlich für die finanzielle Förderung sowie den Mitarbeitern des Physikzentrums für die effiziente Organisation und Hilfe bei der Durchführung des Seminars.

Prof. Bassano Vacchini, Università degli Studi di Milano
Prof. Dr. Heinz-Peter Breuer, U Freiburg
Prof. Angelo Bassi, Università degli Studi di Trieste