Seminarbericht

Magnetismus in Festkörpern ist ein seit der Antike bekanntes Phänomen. Ein mikroskopisches Verständnis greift jedoch auf die Quantenmechanik zurück und ist somit ein modernes Gebiet: Zu den magnetischen Eigenschaften tragen sowohl die quantenmechanischen Spins der Elektronen als auch ihre Bahndrehimpulse bei. Die Wechselwirkung der resultierenden elementaren Momente im Kristallgitter führt dann zu einer Vielzahl von kollektiven Zuständen, wobei neben „konventionellen“ magnetisch geordneten Zuständen auch exotischere Zustände wie Spin-Flüssigkeiten und topologische Phasen auftreten können.

Um Trends auf dem Gebiet des Quanten-Magnetismus zu diskutieren, kamen 90 Teilnehmer aus 18 Ländern im Juni in Bad Honnef zusammen. 33 Vorträge und 54 Poster deckten die Bandbreite von Materialen und experimentellen Ergebnissen über ab-initio-Rechnungen bis zu Modellen und theoretischen Konzepten ab. Die aktuelle Forschung konzentriert sich verstärkt auf eine realistische Beschreibung der Materialen, insbesondere auch den Einfluss von Spin-Bahn-Kopplung auf kollektive Eigenschaften. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Kitaevs berühmtes Honigwabenmodell mit fraktionierten Anregungen und dessen mögliche Relevanz für Materialien wie α-RuCl3 und verschiedene Iridium-Verbindungen. Darüber hinaus bleiben auch konventionellere Fragen relevant, z.B. der Weg zu Spin-Flüssigkeiten über die Unterdrückung magnetischer Ordnung mit Hilfe konkurrierender Wechselwirkungen – ein im Fall von inkompatiblen Austauschpfaden als „geometrische Frustration“ bekanntes Gebiet. Einen weiteren Schwerpunkt stellen eindimensionale Systeme dar; hier sind numerische Verfahren besonders leistungsfähig und ermöglichen so einen detaillierteren Vergleich physikalischer Eigenschaften einschließlich Anregungsspektren zwischen Theorie und Experiment.

Quanten-Magnete sind als intrinsisch stark korrelierte Systeme notorisch schwierig zu behandeln. Sie werden daher auch in Zukunft eine Herausforderung für eine vereinte Anstrengung von Synthese, Experiment und Theorie darstellen. Es ist somit erfreulich, den Enthusiasmus des Nachwuchses (Doktoranden, Post-Doktoranden, ...) zu beobachten, der das Seminar mit vielen ausgezeichneten Poster-Beiträgen bereichert hat.

Im Namen aller Teilnehmer danken wir hiermit ganz herzlich der WE-Heraeus-Stiftung sowohl für die großzügige finanzielle als auch hervorragende organisatorische Unterstützung sowie dem Physikzentrum in Bad Honnef für die herzliche Gastfreundschaft.

Prof. Dr. Andreas Honecker, Université de Cergy-Pontoise, Frankreich
Dr. Karlo Penc, Wigner Research Centre for Physics, Ungarn
Prof. Dr. Roser Valentí, Goethe-Universität Frankfurt/M.