Seminarbericht

Die Entdeckung von topologisch nicht-trivialen Wirbeln in magnetischen Materialien durch deutsche Arbeitsgruppen im Jahr 2009 war der Startschuss für ein neues Gebiet der Festkörperphysik. Diese „magnetischen Skyrmionen“, deren Namensgebung an die visionären Beiträge des britischen Kernphysikers Toni Skyrme in den 1960er-Jahren erinnert, standen im Mittelpunkt des ersten britisch-deutschen WE-Heraeus-Seminars, das vom 1. bis 5. Dezember 2019 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand. Aufhänger des Seminars waren das britische Netzwerk „The skyrmion project“ (Leitung: Peter Hatton) und das DFG-Schwerpunktprogramm SPP2137 „Skyrmionics“ (Koordination: Christian Pfleiderer). Von den 89 Teilnehmern kamen 35% aus Großbritannien und 55% aus Deutschland. Der Anteil von 70% Doktoranden und Postdoktoranden und die ungewöhnliche Alterspanne der Teilnehmer zwischen 22 und 83 Jahren resultierten in sehr lebendigen Diskussionen.

Beginnend mit Tutorien über die Spindynamik und emergente Elektrodynamik von Skyrmionen sowie Skyrmionen in dünnen Schichten und nanoskaligen Systemen, bildeten die Identifikation neuer Materialsysteme, die topologischen Eigenschaften und Zerfallsmechanismen von Skyrmionen sowie Meronen und Hopfionen Schwerpunkte des Seminars. Der technologischen Relevanz von Skyrmionen für magnetische Datenspeicher wurden innovative Entwicklungen, wie neuromorphes Computing mit Skyrmionen, kritisch gegenüber gestellt.

Highlight des Seminars war der Vortrag von Ian Aitchison (Oxford/Stanford) über das Schaffen von Toni Skyrme, der auf persönlichen Erinnerungen beruhte. Pädagogisch geschickt motivierte Aitchison die Ideen von Skyrme durch die Arbeiten von Maxwell, Helmholtz, Lord Kelvin und Heisenberg, indem er die Fortschritte bis zum Durchbruch des Skyrme-Modells durch Witten chronologisch zusammenfasste. Dem schlossen sich Präsentationen über den Zusammenhang von Windungszahl und Baryonenzahl in der Kernphysik und den Vergleich mit den Spektren von 16O und 40Ca an sowie interdisziplinäre Beiträge über Skyrmionen in Quanten-Hall-Systemen und Flüssigkristallen.

Viele Beiträge würdigten die lange Tradition der engen Zusammenarbeit der britischen und deutschen wissenschaftlichen Gemeinschaft. Abgerundet wurde das Programm durch den Besuch des Adenauer-Hauses, bei dem die große Bedeutung der Verbindung von Adenauer zu Churchill in der Begründung der modernen europäischen Geschichte deutlich wurde. Wir danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die Einrichtung der binationalen Seminare und die großzügige Unterstützung bei der Durchführung des ersten britisch-deutschen WE-Heraeus-Seminars.

Prof. Dr. Christian Pfleiderer, TU München
Prof. Dr. Peter Hatton, Durham University, UK