Seminarbericht

Dieses Seminar behandelte kollektive nicht-lineare Effekte, die zur Selbstorganisation von Materie führen. Solche Prozesse können von klassischer oder quantenmechanischer Natur sein und treten in vielen Bereichen auf, von der Biologie über die Chemie bis zur nicht-linearen Optik oder der Festkörperphysik. Im Zentrum dieses Seminars standen jedoch ultrakalte Atome und ihre kollektive Wechselwirkung mit Licht. Anhand dieser experimentellen Plattform, die eine nahezu perfekte Kontrolle von quantenmechanischen Vielteilchensystemen mit langreichweitigen Wechselwirkungen erlaubt, lassen sich Phänomene von Phasenübergängen bis zu Nichtgleichgewichts-Dynamiken studieren. Ein Schwerpunkt des Seminars war die Bildung kristallähnlicher Strukturen durch lichtinduzierte Wechselwirkung in selbstkonsistenten dynamischen Lichtfeldern. Weitere Themen waren Zeitkristalle und kollektive Streuung, insbesondere Fortschritte in der Superradianz, Subradianz und der Anderson-Lokalisation von Licht.

Ursprünglich in Bad Honnef für Sommer 2020 geplant, fand das Seminar nun online vom 28. bis 30. Juli 2021 statt. Die Zahl der Anmeldungen übertraf unsere Erwartungen bei Weitem. Das virtuelle Format erlaubte es uns jedoch, allen über 120 Interessierten die Teilnahme zu ermöglichen. Das Programm umfasste 18 eingeladene Vorträge und 6 Vorträge zu aktuellen Themen, die aus den Anmeldungen ausgewählt wurden. Über 50 Poster wurden in zwei Postersitzungen vorgestellt. Das virtuelle „mingling“ zu Beginn wurde als belebendes Element wahrgenommen und führte in einigen Fällen zu überraschenden Begegnungen.

Umrahmt wurde das Programm von zwei Vorträgen zu rein klassischen Phänomenen der Musterbildung, wie sie bei der Entstehung von Wüsten oder der Färbung von Tieren auftreten. Den Schwerpunkt bildete dann ein ausgeglichenes Verhältnis von experimentellen und theoretischen Vorträgen zur Kristallisation von Quantengasen in Hochfinesse-Resonatoren sowie zur kollektiven Kopplung zwischen Licht und neutralen Atomen oder Ionen. „Hot-Topic“-Vorträge, nicht zuletzt von Nachwuchswissenschaftlern, gaben einen Einblick in neueste Entwicklungen in Themen wie stark wechselwirkende Fermi-Gase, Zeitkristalle, dissipative Phasen in Resonatoren, lichtinduzierte Selbstorganisation in kolloidalen Suspensionen und Quanten-Thermodynamik. Abgerundet wurde das Programm von einer Podiumsdiskussion am Abend des zweiten Seminartages. Zu unserer Freude wurden trotz des dichten Programms alle Vorträge sehr gut besucht und von lebhaften Diskussionen begleitet.

Wir danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die umsichtige Organisation und die finanzielle Förderung.

Dr. Tobias Donner, ETH Zürich, Schweiz
Prof. Dr. Sebastian Slama, Universität Tübingen, Deutschland
Prof. Dr. Thorsten Ackemann, University of Strathclyde, UK