Seminarbericht

Wie alle anderen Bereiche des Lebens hat die Pandemie auch in akademischen Kreisen tiefe Spuren hinterlassen. Um der Verbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken, sind in den letzten 18 Monaten wissenschaftliche Konferenzen virtuell abgehalten worden oder ganz ausgefallen. Obwohl der Einsatz von Videotechnologie auch neue Möglichkeiten geschaffen hat, wird das persönliche Element im wissenschaftlichen Austausch schwer vermisst. Umso erfreuter waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Seminars daher, sich vom 1. – 5. November 2021 unter 3G-Bedingungen im Physikzentrum Bad Honnef treffen zu können. Trotz der hybriden Durchführung entschloss sich der größte Teil aller Vortragenden und Hörer zur persönlichen Anreise.

Das Seminar brachte 75 Teilnehmer aus Europa, Nordamerika und Asien zusammen, um über Entwicklungen im Bereich der Rastersondenmikroskopie zu diskutieren. Mithilfe der Rastertunnel- und Rasterkraftmikroskopie sind seit den frühen 80er-Jahren faszinierende Einblicke in die Nanowelt gelungen. Diese Instrumente ermöglichen es, einzelne Atome und Moleküle auf Oberflächen sichtbar zu machen und sogar zu bewegen. Der direkte Zugang zu kleinsten Objekten erlaubt es, die wichtigsten Bausteine der Festkörperphysik im Detail zu verstehen und durch ihr Zusammenspiel neue Phasen kondensierter Materie zu erschaffen.

Eine Reihe von jungen Gruppenleitern und Nachwuchswissenschaftlern berichteten in ihren Vorträgen über ihre jüngsten Fortschritte, insbesondere auf den drei Schwerpunktgebieten der ultraschnellen Spektroskopie, der Lichtemission aus Nanoquellen und der neuen Quantenmaterialien. Einige Höhepunkte des Seminars waren Berichte über Messungen zum Energietransfer zwischen einzelnen Molekülen und die Erschaffung so genannter schwerer Fermionen an den Grenzflächen zweidimensionaler Materialien. Zum übergreifenden Thema wurde auch der Einsatz neuronaler Netzwerke in der Wissenschaft. Mehrere Teilnehmer stellten neue Methoden vor, mit denen sich die zeitaufwändigsten Aspekte der Bedienung von Rastermikroskopen erfolgreich automatisieren ließen. Durch Impulse aus diesen Vorträgen entwickelten sich beim gemeinsamen Abendprogramm leidenschaftliche Diskussionen über maschinelles Lernen zur Optimierung wissenschaftlicher Abläufe.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verließen Bad Honnef mit frischen Perspektiven und neuen Ideen in Richtung ihrer eigenen Labore. Wir bedanken uns herzlich bei der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die Unterstützung und Finanzierung des Seminars.

Dr. Robert Drost, Aalto University, Finnland
Dr. Christian Lotze, Freie Universität Berlin
Dr. Anna Rosławska, CNRS Strasbourg, Frankreich