Seminarbericht

Eines der größten physikalischen Rätsel unserer Zeit ist die unsichtbare Dunkle Materie. Aus was besteht sie? Viele Beobachtungen sprechen dafür, dass das Universum mit noch unbekannten Elementarteilchen ausgefüllt ist, die etwa fünfmal so viel Masse aufbringen wie die gewöhnliche Materie. Die langjährige Suche nach Teilchen mit Massen deutlich oberhalb der Protonenmasse blieb bislang erfolglos. Daher wird in den letzten Jahren vermehrt nach leichteren Teilchen Ausschau gehalten, die Teil eines Dunklen Sektors der Teilchenphysik sein könnten. Ebenso wie es im Standardmodell der Teilchenphysik sowohl Materieteilchen als auch Vermittlerteilchen verschiedener Kräfte gibt, stehen im Dunklen Sektor bisher unentdeckte Teilchen untereinander mit neuen Kräften in Wechselwirkung.

Im Seminar wurden viele verschiedene Ideen und Methoden der experimentellen Überprüfung ausgetauscht, auch weil mögliche Teilchen eines Dunklen Sektors an einer Vielzahl von Beschleunigern energetisch zugänglich sind. Zum Forschungsfeld gehören z.B. Messungen an den Beschleunigeranlagen MAMI in Mainz, DAΦNE in Frascati/Italien, Thomas Jefferson Lab in Virginia/USA, J-PARC in Tokai/Japan, Suchen an den Elektron-Positron-Experimenten Belle-II am KEK/Japan, BaBar am SLAC/USA, BESIII in Peking/China und, nicht zuletzt, mehrere laufende und zukünftige Projekte am CERN. Manche Vorschläge werden erst noch umgesetzt, darunter auch am zukünftigen Beschleuniger MESA in Mainz. Ergänzt werden diese beschleuniger-basierten Ansätze durch neue technologische Entwicklungen, um die vorhergesagte Wolke aus Teilchen der Dunklen Materie in unserer Milchstraße durch deren Stöße mit empfindlichen Detektoren in Untergrundlaboren wie unter dem Gran Sasso nachzuweisen.

Ein Schwerpunkt des Seminars widmete sich Dunklen Photonen, den hypothetischen Ebenbildern der Quanten der bekannten elektromagnetischen Wechselwirkung. Diese Dunkle Strahlung ist allerdings nur ein mögliches Portal, durch welches Teilchen des Dunklen Sektors wirken könnten. Während die meisten Experimente Ausschlussgrenzen liefern, wurden Hinweise auf ein X17 genanntes Teilchen kontrovers diskutiert.

Wegen des notwendig gewordenen Online-Formats und der weit auseinander liegenden Zeitzonen der Redner und Rednerinnen musste das Seminar auf eine Kernzeit am Nachmittag konzentriert werden. Die zahlreichen Poster wurden von den jungen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mit hoher Qualität erstellt und motiviert auf der Plattform MeetAnyway präsentiert. 

Wir danken der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung für die organisatorische und finanzielle Unterstützung des Seminars.

Prof. Dr. Patrick Achenbach, Priv.-Doz. Dr. Luca Doria, U Mainz
Prof. Dr. Marco Battaglieri, National Institute for Nuclear Physics Genua, Italien