Seminarbericht

Quantentechnologien versprechen fundamental neue Anwendungsmöglichkeiten für Computing, Kommunikation, Sensorik und in der Metrologie. Eine zentrale Herausforderung bleibt die Identifikation und Entwicklung geeigneter Materialplattformen, die sich für Anwendungen eignen. Ein vielversprechender Ansatz ist die Implementierung von Qubits in Spinfreiheitsgraden und deren Auslese, Kontrolle und Vernetzung mittels Photonen. Die Integration optisch addressierbarer Spinqubits in photonische Strukturen ermöglicht effiziente Spin-Photon-Schnittstellen und verspricht skalierbare Bauelemente, die sich für Quantennetzwerke, Quantensimulationen, Quantensensoren und verteiltes Quantenrechnen nutzen lassen.

Das Ziel dieses Seminars, das vom 3. bis 7. August 2021 in hybrider Form stattfand, war es, verschiedene experimentelle Ansätze und Materialsysteme in Kontext zu bringen: insbesondere mit Seltenerd-Ionen dotierte Festkörper, Farbzentren in Diamant und Siliziumkarbid, Halbleiter-Quantenpunkte und gefangene Ionen, die alle das Grundprinzip optisch addressierbarer Spins teilen. In 20 eingeladenen und 15 beigetragenen Vorträgen sowie 45 Postern von Teilnehmern aus 16 Ländern und 4 Kontinenten wurde der dynamische Fortschritt eindrucksvoll sichtbar. Die vier experimentellen Plattformen wurden in Tutorial-Vorträgen eingeführt, die nicht nur für die Neu- und Quereinsteiger unter den 45 Teilnehmern im Physikzentrum und bis zu 100 Online-Teilnehmern wertvoll waren.

Ein spannender Themenbereich des Seminars war die Untersuchung einzelner Kernspins als Quantenregister, die sich über einen zentralen Elektronenspin, z.B. eines NV-Zentrums in Diamant oder einzelner Erbium- oder Ytterbium-Ionen in Oxidkristallen, auslesen und kontrollieren lassen. Hier gelang es, Quantenregister mit bis zu 27 Kernspins mit speziellen Pulssequenzen detailliert zu analysieren und für langlebige Quantenspeicher, Quantenfehlerkorrektur und Quantensimulationen zu verwenden.

Ein weiterer Bereich ist die Entwicklung elementarer Quantennetzwerke. Höhepunkte waren hier unter anderem die Vorstellung eines ersten Drei-Knoten-Quantennetzwerks, mit dem sich Mehr-Knoten-Verschränkung und Zustandsteleportation zeigen ließ, außerdem die Demonstration von Quantenspeicher-basierter Verbesserung von Quantenkommunikation und schließlich neue Rekorde in der Verschränkungsrate zweier Knoten.

Durch die Gegenüberstellung der verschiedenen Plattformen wurden Gemeinsamkeiten in der Methodik, besonders vielversprechende grundlegende Materialeigenschaften und die gemeinsame Vision sehr deutlich.

Die hervorragende Unterstützung in der Organisation des hybriden Seminars durch die WE-Heraeus-Stiftung und die exzellenten Rahmenbedingungen im Physikzentrum Bad Honnef haben diese Veranstaltung für alle Teilnehmer zu einem besonderen Ereignis werden lassen. Herzlichen Dank dafür!

Prof. Dr. David Hunger, Karlsruher Institut für Technologie
Prof. Dr. Andreas Walther, Lund University
Dr. Kangwei Xia, Universität Stuttgart