Seminarbericht

Traditionell wird angenommen, dass stark korrelierte elektronische Systeme adiabatisch mit ihren nicht wechselwirkenden Gegenstücken verbunden seien. Insbesondere sagt Landaus Fermi-Flüssigkeitstheorie die Existenz lokaler, fermionischer Quasiteilchen mit scharfen Niedrigenergieanregungen voraus, die dieselben Quantenzahlen wie entsprechende freie Fermionen tragen. Im Gegensatz dazu charakterisieren „Strange Metals“ die Physik, die über die Standardbeschreibung hinausgeht und sich oft in der Nähe von quantenkritischen Punkten entwickelt. Dabei tritt auffälliges Verhalten in verschiedenen Formen auf, z. B. als elektrischer Widerstand, der linear mit der Temperatur T skaliert.

Bei diesem Seminar, das vom 11. bis 15. Dezember 2023 im Physikzentrum stattfand, nahmen rund 50 Wissenschaftler aus einem Dutzend Ländern teil, um Ideen und Konzepte aus verschiedenen Bereichen auszutauschen und damit neue Ideen zu begünstigen. Das Programm umfasste eingeladene Vorträge über Theorie von und Experimente zu traditionellen Strange-Metal-Systemen (Kuprate, Schwere-Fermion-Verbindungen), aber auch zu Twisted-Bilayer-Graphen und ultrakalten Atomen. Physikalische Konzepte der Kondo-Destruktion, der Fraktionierung, der holographischen Dualität und der Topologie wurden ausgiebig beleuchtet. Acht (Post-)Doktoranden wurden für Kurzvorträge ausgewählt, zusätzlich gab eine Postersitzung jungen Wissenschaftlern eine Bühne für ihre exzellenten Beiträge. Dies alles schuf eine sehr angenehme Diskussionsatmosphäre, insbesondere auch während des Heraeus-Abendessens zu Ehren von P.W. Anderson, der am 13. Dezember hundert Jahre alt geworden wäre.

Im Hinblick auf die Zukunft des Forschungsgebiets zeichneten sich in einer allgemeinen Diskussionssitzung folgende Schlüsselfragen ab:

  • Sind alle Strange Metals gleich (z.B. in Moiré-Graphen und in Kuprat-Supraleitern)?
  • Ist die Unterscheidung zwischen quantenkritischer Phase und quantenkritischem Punkt relevant für das Verständnis von Strange Metals?
  • Was sind die Merkmale von Strange Metals jenseits des in der Temperatur linearen Widerstands?

Im Namen aller Teilnehmenden danken wir ganz herzlich der WE-Heraeus-Stiftung für die großzügige finanzielle und hervorragende organisatorische Unterstützung, dem Physikzentrum in Bad Honnef für die herzliche Gastfreundschaft und ICAM-I2CAM für zusätzliche finanzielle und ideelle Unterstützung.

Dr. Elio König, MPI FKF Stuttgart
Prof. Qimiao Si, Rice U, Houston/USA
Dr. Catherine Pépin, CEA‐Saclay/ Gif‐sur‐Yvette/F