Seminarbericht

Dieses binationale Seminar, das vom 13. bis 16. Oktober 2019 im Physikzentrum in Bad Honnef stattfand, war einem „alten“ Thema gewidmet, das immer wieder für Überraschungen gut ist: der Bildung von Fermion-Paaren („Cooper-Paaren“) und damit einhergehend der Ausbildung eines quanten-kohärenten Zustands bei tiefen Temperaturen in fermionischen Vielteilchensystemen. Das Ziel, nicht nur neueste experimentelle und theoretische Entwicklungen zu diskutieren, sondern auch die Supraleitungs- und die Kalte-Atome-Gemeinden miteinander ins Gespräch zu bringen, wurde ohne Zweifel erreicht. Es ist zu hoffen, dass diese beiden Forschungsgebiete in Zukunft noch stärker zusammenrücken und sich gegenseitig befruchten. In 15 eingeladenen Vorträgen sowie auf knapp 40 Postern wurden neueste Ergebnisse präsentiert, z. B. welche Konsequenzen das Wechselspiel von topologischen Eigenschaften und Supraleitung hat oder wie sich die supraleitenden Korrelationen durch Nichtgleichgewichtseffekte gezielt verstärken lassen.

Wesentliche neue Aspekte ergeben sich, wenn niedrig-dimensionale Systeme, etwa Majorana-Moden in eindimensionalen Drähten oder Moleküle auf der Oberfläche eines Supraleiters, betrachtet werden. Anders als bei ausgedehnten Festkörpersystemen spielt im Bereich der kalten Atome das Potential, das die Atome auf einen bestimmten Raumbereich fokussiert, eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang wurde u. a. diskutiert, wie sich, ausgehend von wenigen Fermionen, mit zunehmender Teilchenzahl die supraleitenden Korrelationen manifestieren. Kalte Atome sind generell eine große „Spielwiese“ für verschiedenste Konzepte der Vielteilchenphysik, wobei der Fokus aktuell auf räumlichen und zeitlichen Korrelationen außerhalb des Gleichgewichts liegt.

Das polnisch-deutsche Seminar war das zweite in einer neuen Reihe, die auf Initiative der WE-Heraeus-Stiftung ins Leben gerufen und in Kooperation mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft verfolgt wird. Diese Seminarreihe ist eine Reaktion auf die zunehmende und sich immer mehr verbreitende Skepsis gegenüber der europäischen Idee einer engen Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg. Dem setzen wir ein Zeichen entgegen: Wissenschaft ist international und muss es bleiben, enge Kooperationen zwischen Gruppen europa- und weltweit sind essenziell für den wissenschaftlichen Fortschritt und die Lösung drängender Zukunftsfragen.

Unser herzlicher Dank gilt der WE-Heraeus-Stiftung für die finanzielle und die organisatorische Unterstützung sowie dem gesamten Team des Physikzentrums, das uns in ausgezeichneter Weise betreut hat.

Prof. Dr. Ulrich Eckern, U Augsburg
Prof. Dr. Andrzej M. Oleś, Jagiellonian University, Kraków