Seminarbericht

Das Anliegen dieses Seminars, das vom 26. Februar bis 3. März 2023 im Physikzentrum Bad Honnef stattfand, bestand darin, die Begriffe Zeit, Zeitmessung und Uhr in allen ihren in der Physik relevanten Facetten abzubilden und zu diskutieren und dabei auch historische, erkenntnistheoretische und philosophische Aspekte zu berücksichtigen.

Zu den Facetten, welche die 24 eingeladenen Sprecherinnen und Sprecher vorstellten, zählten zum Beispiel Konzeption und Bau der momentan stabilsten und genausten Uhren, die Verwendung von Zeitstandards zum Vermessen der Erde und ihrer Bewegung oder die Frage, wie sich das von Masseströmen (Eigendrehimpuls) erzeugte gravitomagnetische Feld der Erde auf den Vergleich von Uhren auswirkt. Aus der mathematischen Physik wurde diskutiert, wie ein erweiterter Operatorenbegriff erlaubt, auch Zeitobservable quantenmechanisch zu konstruieren, oder wie sich das Newtonsche Zeitkonzept mathematisch-geometrisch charakterisieren und mit dem relativistischen Zeitkonzept vergleichen lässt. Weitere Vorträge widmeten sich dem relativistischen Zeitkonzept und der Frage nach operationalen Realisierungen dafür geeigneter (klassischer) Uhren sowie der Charakterisierung von Untersystemen als „Uhren“ innerhalb komplexer dynamischer Systeme. Damit verbunden ist die Frage, wie unser klassischer Zeitbegriff aus einer fundamentaleren Theorie der Quantengravitation entstehen könnte.

Flankiert wurden die technisch gehaltenen Fachvorträge durch einige Beiträge, die begriffliche, erkenntnistheoretische und auch philosophische Aspekte aufgriffen und vertieften. Dazu zählten die Fragen, wie sich emergente intrinsische Zeitparameter durch Entropie-ähnliche Observable mit interessanten Eigenschaften definieren lassen oder wie die uns so vertraute Erfahrung von Zeitlichkeit eine mathematisch-modellhafte Darstellung erfahren könnte. Abgerundet wurde das Seminar durch einen Abendvortrag zur Konsistenz verschiedener operationaler Zeitmaße. 38 Posterbeiträge der Teilnehmenden ergänzten die Vorträge.

Das Seminar war geprägt von sehr lebhaften, oft lang anhaltenden Diskussionen in durchweg sehr entspannter und freundlicher Atmosphäre. Deutlich war das allseitig große Interesse an der Gesamtheit der hier zusammengeführten Themenbereiche zu spüren, oft auch über die Grenzen der Disziplinen hinweg.

Unser herzlicher Dank geht an die WE-Heraeus-Stiftung sowie das Physikzentrum für ihre Unterstützung bei der Realisierung dieses erkenntnisreichen und fröhlichen Seminars.

Prof. Dr. Domenico Giulini, U Hannover

Prof. Dr. Claus Lämmerzahl, Dr. Christian Pfeifer, Dr. Dennis Philipp, ZARM, U Bremen